Es war wieder eine besondere, berührende Aufführung – dynamisch, künstlerisch und integrativ: In der Turnhalle der früheren Pestalozzi-Schule in Schiefbahn fand jetzt wieder ein Tanz-Workshop der „besonderen Kinder“ der Integrativen Gruppen mit dem Bundesjugendballett aus Hamburg statt.
Das Besondere: In den Integrativen Gruppen des TVS betätigen sich Kinder mit den unterschiedlichsten körperlichen und geistigen Einschränkungen sowie Kinder aus sozial schwachen Familien und Kinder mit einem ganz „üblichen“ Hintergrund sportlich – und in diesem Fall eben auch tänzerisch.
Der Workshop mit den Ballett-Profis des Bundesjugendballetts fand zum fünften Mal statt – und die alle Kinder waren mit Begeisterung dabei. Von 10 Uhr vormittags hatten sie mit den acht jungen Profi-Tänzern unter Anleitung von Ballettmeister Raymond Hilbert geübt: Die Kinder wurden mit Armbewegungen, Lauf oder Tanz in die Choreographien, die die Hamburger Tänzer sonst bei professionellen Aufführungen zeigen, integriert. Das Tanzprojekt forderte die Kinder in unterschiedlichsten Bereichen – sie übten sehr konzentriert und lernten gleichzeitig, sich zu achten und zu respektieren sowie soziales Verhalten zu üben. „Dazu verarbeiteten sie die Eindrücke aus der Musik und die visuellen Zeichen, die ihnen signalisierten, wie welche Bewegungen ausgeführt werden sollten“, so Hilbert. Man merke, dass die Kinder immer wieder stimuliert werden müssten – und auch, dass sie die ungewöhnliche Situation mental fordere.
Am frühen Abend zeigten die jungen Tänzer und die Kinder der Integrativen Gruppen, was sie einstudiert hatten. Den Anfang machte Pauline Köppen, die den ersten Tanz mit ihrem Gesang begleitete. Danach zeigten die Ballett-Profis einen Auszug ihres Programms – und immer wieder begleiteten die Kinder die Tänzer mit unterschiedlichsten Bewegungen, Schritten oder Tanz- Elementen. Dabei ergaben sich immer wieder berührende Interaktionen zwischen Tänzern und Kindern – wie etwa eine zwischen dem Tänzer Artim und dem i-Kind Justus: Der junge Tänzer nahm den Jungen teils huckepack und beteiligte ihn am Tanz.
Es fällt schwer, in Worten zu beschreiben, warum diese besondere Aufführung so berührt – da sind die konzentrierten und begeisterten Gesichter der Kinder, deren Behinderungen teils doch offensichtlich sind, da sind die jungen Tänzer, die auf die Kinder eingehen und eine Beziehung aufbauen, da ist der Stolz aller auf das, was sie sich gemeinsam erarbeitet haben…
Das Tanzprojekt sei auch für die jungen Tanz-Profis eine wichtige Erfahrung – denn immer wieder wurde ihr Improvisationstalent durch die Kinder und ihr Verhalten gefordert, so Raymond Hilbert: „Unsere Tänzer werden sensibilisiert, den Tanz in Bezug auf das, was hier passiert, anzupassen.“ Denn die abendliche Aufführung war eben keine übliche, sondern veränderte sich immer wieder, je nachdem, welche Ideen den Kindern gerade in den Sinn kamen.
Nach der rund 45-minütigen Aufführung war das Publikum restlos begeistert – und „wir hoffen, dass es eine Fortsetzung mit dem Bundesjugendballett geben wird“, so Stephan Adomeitis, einer der Betreuer der Integrativen Gruppen.
Info:
Dem Hamburger Bundesjugendballett, das von John Neumeier gegründet worden ist, gehören acht internationale Tanztalente an: Sie haben ihre Ausbildung abgeschlossen und sind in der unkonventionellen Compagnie zugleich Erste Solisten und Gruppentänzer. Unter der Anleitung des Ballettmeisters entwickeln sie eigene Stücke oder führen auf, was internationale Choreografen exklusiv für sie schaffen. Sie stehen auf klassischen Bühnen, suchen aber auch bewusst ungewöhnliche Spielstätten auf, um für die Kunstform Tanz zu begeistern: ob in Kirchen, Museen, Seniorenheimen, Gefängnissen oder psychiatrischen Kliniken.