An Eltern mit besonderen Kindern wendet sich der offene „Elterntreff Vielfalt“. Im September startet das neue Angebot der Familienzentren Willich.
Jedes Kind ist einzigartig, und manche Kinder benötigen mehr Unterstützung als andere. „Wenn Kinder sich langsamer entwickeln oder eine Behinderung haben, löst das bei den Eltern viele Sorgen und Ängste aus. Oft stehen sie damit weitgehend alleine, was zusätzlich Stress verursacht“, weiß Petra Juntermanns-Leusch, Netzwerkkoordinatorin im Familienbüro Willich des Caritasverbandes.
In den sieben Willicher Verbund-Familienzentren, an denen die insgesamt 27 Willicher Kitas mitwirken, führen die Koordinatorinnen regelmäßig Online-Befragungen unter den Eltern zu deren Wünschen und Themen durch. Daraus entstand ein Online-Elternabend für Mütter und Väter von ADHS-Kindern, der sehr gut besucht war. „So sind wir auf die Idee gekommen, ein regelmäßiges Angebot für Eltern zu schaffen, die ein Kind mit einer Behinderung oder einer Besonderheit haben“, berichtet Petra Juntermanns-Leusch.
Annika R. weiß sehr gut, wie sich solche Mütter und Väter fühlen. Ihr heute viereinhalbjähriger Sohn Noah (Name geändert) konnte lange Zeit kaum sprechen. „Bis er anderthalb war, hat er ganz normal einzelne Wörter gesagt: Hallo, Mama, Papa“, erzählt die 31-Jährige. Dann aber stagnierte die Sprachentwicklung. Als Noah dann in die Kita kam, fiel einer Erzieherin auf, wie wenig er sprach. „Wir haben dann sehr schnell mit Logopädie angefangen, um ihn zu unterstützen, aber ich habe mir große Sorgen gemacht“, berichtet Annika R. Vor allem, als ihr Sohn von der Nestgruppe in die Ü3-Betreuung wechselte, quälten sie viele Fragen: Wie geht es meinem Kind zwischen all den anderen Kindern? Kommt er da überhaupt klar, kann man auf ihn eingehen? Oder geht er da unter? Kann Noah Freundschaften schließen? „Das Schlimmste war, dass er nicht erzählen konnte, wie es in der Kita war“, sagt Annika R.
Claudia Weyers kennt die Nöte vieler Eltern. Die Heilpädagogin arbeitet in der Kita Kantstraße, die auch Noah besucht, und ist dort für die Inklusion zuständig. Sie wird den neuen Elterntreff Vielfalt leiten. Je kleiner die Kinder seien, desto gestresser seien die Familien: „Wir erleben die Eltern oft als sehr belastet, erschöpft und zurückgezogen.“
Aktuell beobachtet Claudia Weyers, dass viele Kinder durch Corona nicht auf dem Entwicklungsstand sind, der ihrem Alter entspricht. „Viele Kinder sind in die Pandemie hineingeboren worden und kennen Menschen fast nur mit Maske“, erläutert sie – zumal Eltern, gerade mit Neugeborenen, häufig sehr vorsichtig gewesen und kaum noch vor die Tür gegangen seien.
„Wir möchten Eltern von Kindern mit Behinderung oder einer Besonderheit Mut machen, das normale Leben zu leben und beispielsweise in einen Sportverein zu gehen“, betont Petra Juntermanns-Leusch. Es sei allerdings auch ein Prozess zu akzeptieren, dass das eigene Kind nicht gesund durchs Leben gehe. Ganz bewusst sei der neue Elterntreff Vielfalt ohne Einstiegshürden gestaltet worden. Man kann ohne Anmeldung und Verpflichtung einfach kommen. Angesprochen sind Mütter und Väter mit Kindern „von 0 Jahren bis Ende Grundschulalter“.
Der Elterntreff findet an jedem ersten Donnerstag im Monat von 20.00 bis 21.30 Uhr im Begegnungszentrum KRUMM an der Hülsdonkstraße 203 in Wekeln statt. Die ersten Termine sind somit der 1. September, 6. Oktober, 3. November und 1. Dezember. Bei Bedarf kann das Familienbüro Willich des Caritasverbandes weitere Unterstützung vermitteln, etwa eine Mutter-Kind-Kur, eine Familienhebamme oder eine Familien-Kinderkrankenschwester.
Annika R. erinnert sich an alltägliche Situationen, etwa wenn die Kassiererin im Supermarkt freundlich fragte, wie Noah denn heiße – und sie für ihn antworten musste, weil er es nicht rausbekam. Sie hat zwar mit Freundinnen über ihre Sorgen gesprochen, konnte sich aber nicht mit anderen betroffenen Eltern austauschen. „Ich hätte damals gerne erfahren, wie andere das mit ihren Kindern machen“, sagt sie: „Wer mit Menschen spricht, die in einer ähnlichen Situation sind, fühlt sich befreit und verstanden.“
Weitere Informationen im Familienbüro Willich des Caritasverbandes, Tel. 02154-481508 oder per Mail an familienbuero.willich@caritas-viersen.de.