Willich erleben: Herr Kamper, wie ist die Idee aufgekommen, die Webseite zu entwickeln?
Daniel Kamper: In Willich ist nichts los, Willich ist trist, in Willich tut sich gar nichts – Diese und ähnliche Sätze bekam ich während meiner Zeit im „bayrischen Ausland“ – ich habe acht Jahre in Würzburg gearbeitet – oft von Familie und Freunden zu hören. Für mich stellte sich das anders dar: Während dieser acht Jahre war ich regelmäßig auf Besuch in der Heimat. Mit Abstand und dem Blick von außen auf Willich stellte ich schnell fest, dass Willich in Wirklichkeit ganz anders als sein Image ist.
Willich erleben: Wie ist Willich aus Ihrer Sicht?
Daniel Kamper: Willich ist eine bunte und lebendige Stadt mit vielen Ideen und Aktionen, mit sportlichen und kulturellen Attraktionen, mit Angeboten für Jung und Alt. Das wollte ich den Skeptikern der eigenen Stadt zeigen. Und weil heute nichts einfacher ist als eine eigene Facebook-Seite zu gründen, entschloss ich mich im ersten Schritt dazu. Am 13. Februar 2013 habe ich die Seite mit dem Namen „Willich erleben“ registriert. Von vorneherein war für mich klar: Willich erleben ist keine Seite für Alt-Willich, sondern für die gesamte Stadt. Willich, Anrath, Schiefbahn und Neersen. Ich gehöre einer Generation an, welche die Stadt im gesamten wahrnimmt. Natürlich gibt es einzelne Ortsteile, aber trotzdem gehören diese alle zusammen. Wir sind eine Stadt.
Willich erleben: Sie beziehen die Willicher ein – das ist keine reine Konsum-Seite?
Daniel Kamper: Vom ersten Tag an haben mir die Fans der Facebook-Seite Fotos ihrer Stadt geschickt. Mich darauf hingewiesen, wo am Wochenende eine lohnenswerte Veranstaltung ist, wer etwas besonders Tolles kann oder aber auch, wo es vielleicht das ein oder andere kleine Problem in der Stadt gibt. Bei aller positiven Sichtweise auf unsere Stadt, es gibt hier und dort auch Dinge, die verbesserungswürdig sind. Dies ist das eigentliche Geheimnis der Seite. Jeder kann uns Fotos, Informationen oder Tipps senden. Jeder findet seine Fotos, Informationen und Tipps so auf der Seite wieder, hat das Gefühl, Teil des Ganzen zu sein. Dazu kommt die positive Rückmeldung vieler Fans zum eigenen Foto. Ob es der Sonnenuntergang über Schiefbahn oder die historische Ansicht einer Anrather Straße ist, jeder freut sich über das Feedback zu seinem eingesendeten Foto.
Willich erleben: Sie bringen Geschichten und aktuelle Themen ein – wie?
Daniel Kamper: In den letzten drei Jahren Willich erleben sind unzählige Fotos über die Seite veröffentlicht worden. Neben den „Willicher Ansichten“ gibt es aber auch andere große Themenblöcke, die Bestandteil der Seite sind. Immer mehr Sport und Kulturvereine nutzen die Plattform, um ihre Erfolge darzustellen oder auf neue Angebote hinzuweisen. Wenn es in Willich ein typisches Aufreger-Thema gibt, dann die Lokalpolitik: Ein Höhepunkt war sicherlich die Aktion „Willicher fragen die Bürgermeisterkandidaten“. Im Kommunalwahlkampf haben die Fans der Seite über zwölf Wochen ihre Fragen an die beiden damaligen Kandidaten gestellt. Jede Woche wurde die Frage an beide Kandidaten gestellt, welche am meisten „gefällt mir“ bekommen hat. Dieses spannende Experiment hat gezeigt: Willich erleben lebt vom mitmachen.
Willich erleben: Danach ging es weiter mit der eigenen Web-Seite?
Daniel Kamper: Nach zwei erfolgreichen Jahren auf Facebook haben mich immer mehr Willicher außerhalb von Facebook angesprochen. Es gab tolles Feedback zur der von mir betreuten Seite. Aber auch immer wieder die Frage: Wieso gibt es Willich erleben nur bei Facebook? So war es der nächste logische Schritt eine Internet-Seite aufzubauen. Eine Plattform für alle Meldungen unserer Stadt: Blitzermeldungen, Sportergebnisse, Kulturveranstaltungen, Firmenportraits oder Lokalpolitik. Alle Themen dürfen und sollen vertreten sein. Allerdings: Das Thema muss Willich betreffen und die Beiträge müssen natürlich den guten Sitten entsprechen. Wir leben zwar alle in einer globalisierten Welt, aber das Lokale funktioniert. Es scheint die Willicher fast mehr zu interessieren, was „hier und nebenan“ los ist oder passiert, als Meldungen aus aller Welt. Die Facebook-Seite wächst seit dem ersten Tag kontinuierlich und hat mittlerweile über 3.600 Fans. Die meisten besuchen die Seite täglich und lesen das Neuste aus ihrer Stadt. Aber sie teilen den Inhalt auch fleißig. Einzelne Artikel erreichen schnell über 10.000 einzelne Leser. Auch die Internet-Seite ist eine Erfolgsgeschichte mit rund 15.000 Aufrufen pro Woche. Aktuelle Nachrichten, Geschichten und Termine werden von allen Willichern gelesen.
Willich erleben: Jetzt ist der nächste Schritt getan – Willich erleben gibt es mit unserer Redaktion auch offline – wie kam das?
Daniel Kamper: Stillstand ist Rückstand, so die landläufige Meinung. Im Spätsommer 2015 stellte ich mir daher die Frage, wie soll und kann es mit dem Projekt „Willich erleben“ weiter gehen. Mit Nadia Joppen und Wolfgang Dille habe ich zwei Mitstreiter gefunden um „Willich erleben“ weiter zu entwickeln. Gemeinsam bringen wir sechs Mal im Jahr das Magazin heraus. Für mich persönlich ist das ein Riesenschritt und eine wirklich freudige Weiterentwicklung – wie zum Beispiel dieses Interview, das dann die Menschen lesen – Ich gebe zu, ein seltsames Gefühl! Aber für mich auch ein tolles Lob für die letzten drei Jahre Arbeit an diesem Projekt. Oft mussten Familie, Freunde und Kollegen ein wenig darunter leiden. Aber sie wissen, ich setze mich mit viel Energie für unsere Stadt ein. Denn ich bin jeden Tag fester davon überzeugt, unsere Stadt ist viel positiver als ihr momentanes Image – und das zeigen wir jetzt eben über einen neuen Weg.