Der Aufbau der Skulpturen von Martin Kleppe rund ums Schloss Neersen beginnt: Das Kooperationsprojekt von Kulturteam und Schlossfestspielen Neersen „THEATER TRIFFT SKULPTUR“ geht in diesem Jahr in die dritte Runde. Oder es startet eben der dritte Akt, der schlicht „Beton“ überschrieben ist.
Martin Kleppes oft von Naturformen inspirierten Arbeiten bestehen aus nur wenigen Millimetern dickem Beton und sind so leicht, dass eine von ihnen sogar als überdimensionale Lotusblüte auf dem Schlossteich schwimmen kann. Damit das gelingt, ist ein spezielles Know-how gefragt. Martin Kleppe, der an der Kunstakademie bei Tony Cragg studiert hat, ist nämlich parallel zu seiner künstlerischen Arbeit auch forschungsbegleitend in der Textilbetonentwicklung an der TU Dresden und der RWTH Aachen tätig.
Kleppe fertigt seine Skulpturen aus hochfestem Carbonbeton. Das Besondere an diesem Werkstoff ist seine Formbarkeit und außergewöhnliche Stabilität, die eine sehr schlanke Bauweise erlaubt. Beton mit dem Bindemittel Zement und seinen Zuschlagstoffen Kies, Sand und anderem ergibt eine plastische Masse, die zu einem belastbaren Kunststein aushärtet und eine Vielzahl von Formen und Oberflächen zulässt. Gegenüber herkömmlichem Beton eröffnet der sich noch in der Weiterentwicklung befindliche Carbonbeton vollkommen neue Möglichkeiten und Einsatzbereiche.
Kleppes Arbeiten bewegen sich an der Schnittstelle zwischen Skulptur und Architektur. Über Jahre hat der Künstler den Beton zu einer unerwarteten Zartheit entwickelt, die im spannungsreichen Gegensatz zu seiner traditionellen Anwendung steht. Überrascht wird der Betrachter durch Volumina von immenser Größe, die aus Betonhüllen von nur wenigen Millimetern entstehen. Die Reduzierung des Materials auf das Notwendigste verleiht den meist aus der Natur entlehnten Formen eine schwebende Leichtigkeit. Der nahezu vom Eigengewicht befreite Beton bietet ein ganz neues und ungeahntes Spektrum an Gestaltungsmöglichkeiten, die Martin Kleppe im Spiel mit Schwerkraft und Balance auszuloten weiß.
Ein überdimensioniertes Ei scheint auf der Stelle zu rotieren, oder ein als Halbkugel angelegter Tisch pendelt um seinen Schwerpunkt. Die unterschiedliche Behandlung der Oberflächen, die mal rau, dann geschliffen, poliert oder durchgefärbt sind, unterstreicht die Dynamik der Skulpturen. Viele dieser Körper sind aus der Bewegung heraus gedacht. Besondern deutlich wird das bei den Werken, die aus einer kreisenden Kurve heraus konstruiert sind.
Wie immer läuft das Ganze parallel zu den Schlossfestspielen, ist bis zum 8. September rund ums Schloss zu sehen. Wer ins Theater geht, kann einfach mal in der Pause vorbeischauen. Die Eröffnung gibt’s am Sonntag, 2. Juni, um 11 Uhr mit Bürgermeister Josef Heyes und Intendant Jan Bodinus; eine Einführung gibt Jutta Saum, Kunsthistorikerin der Stadt Willich.